Aus aktuellem Anlass sind wir letztes Wochenende gemeinsam mit den anderen Volunteers von Clara Luna und der Chefin Paola in den Norden der Provinz Manabí gefahren, wo das Erdbeben vom 16. April dieses Jahres seine Spuren hinterlassen hat. Dort haben wir die Notunterkünfte und Zeltlager besucht, in denen die Menschen untergekommen sind, deren Häuser zerstört sind.
Schon am Weg dorthin und in Portoviejo der Provinzhauptstadt sind die deutlichen Spuren des Erdbebens nicht zu übersehen. In der Stadt selbst direkt nicht so sehr wie am Land, wo die Häuser viel einfacher und nicht so stabil gebaut sind.
Schäden am Einkaufszentrum in Portoviejo
Eingestürzte Halle in Portoviejo
Unsere erste Station am Freitag, nach fünfstündiger Anreise mit öffentlichen Bussen und zweimal umsteigen, war ein vom Militär aufgebautes Zeltlager im Fußballstadion von Rocafuerte. Das Lager ist sehr gut organisiert. Es gibt Versorgungszelte mit Großküchen vom UNHCR Hilfswerk und schätzungsweiße 30 Zelte für 30 Familien. Neben den Sanitäranlagen vom Stadtion gibts es sogar WLAN. Das Problem ist nur, es gibt nichts zu tun. Nicht für die Erwachsenen weil das Geld für den Wiederaufbau fehlt. Und auch nicht für die Kinder, weil die Schulen bis auf Weiteres in der ganzen Region geschlossen wurden. Und genau aus diesem Grund waren wird dort.
Provisorische Gemeinschaftsküche im Zeltlager
Lea mit der entzückenden "Mia"
Die große Bücherkiste wurde schon sehnsüchtig erwartet und somit haben wir gleich mit dem gemeinsamen Lesen bzw. Vorlesen von Büchern angefangen. Zuerst jeder für sich alleine, dann gemeinsam in der Gruppe und zum Schluss wurde von Lea und Charlotte jeweils ein Buch vorgelesen. Dann haben wir passend zu dem Buch El Pez Arcoiris (Der Regenbogenfisch) ein Plakat mit dem Regenbogenfisch mit den bunten Fingerabdrücken der Kinder gemeinsam bunt "bemalt", als Erinnerung für unseren Besuch. Der Höhepunkt zum Schluss unseres Besuchs war die Vorführung unseres Theaterstücks Caperucita Roja (Rotkäppchen). Maggy spielt die Mutter von Rotkäppchen und ich hab die Rolle vom Lobo Feroz (bösen Wolf) bekommen. Die Kinder fanden den immer recht lustig, ich weiß nicht ob wegen meinem schlechten Spanisch oder der komischen Stimme. Auf jeden Fall hatten wir dabei alle immer recht viel Spaß, obwohl die ganze Sache nicht sehr professionell aufgezogen war. Dafür dass wir nur ein oder zweimal geprobt haben, haben wir uns recht tapfer geschlagen.
Fleißig am Vorlesen
Kinderbuchniveau geht schon ganz gut
Charlotte und Lea ganz im Element
Auch die Kameras sind sehr interessant
Mitch beim Vorlesen
Zum Abschluss dürfen alle einen Fingerabdruck hergeben
Das große Final: Caperucita Roja (Rotkäppchen)
Unser zweiter Besuch an diesem Tag führte uns weiter nördlich nach Tosaqua. Dort wurden wir von Christian und seinem Team, von einer anderen Hilfsorganisation, in deren Büro, ein kleiner Gemeindesaal, der auch gleichzeitig unser Schlafsaal war, herzlich empfangen. Dort haben unser gesamtes "Partyequipment" auf einen uralten Ford Truck umgeladen, auf dessen Ladefläche wir zu fünfzehnt gleich weiter zu unserem nächsten Einsatzort gefahren sind.
Kinderbetreuung mal anders: Der Sohn unseres Fahrers schläft seelenruhig im Tuk-Tuk neben uns. Ich musste ihn einmal wieder auf die Bank setzen weil er runtergerutscht ist,
er hats nicht mitbekommen ;)
Ungefähr 5% der Häuser von Tosaguas sind beim Erdbeben eingestützt, so wie dieses hier, schräg gegenüber unseres Schlafplatzes
Auf der Ladefläche gehts zum nächsten Spielort
Entlang des Weges gibts immer wieder zerstörte Häuser
In der Nähe von Tosaqua haben wir einen kleinen Ort mitten in der Wildnis besucht, wo schon über 60 Kinder mit freudigen Augen auf uns gewartet haben. Das einzige Problem war, dass wir leider unsere Bücherkiste in Rocafuerte vergessen haben und somit zwei Stunden auf das Auto warten mussten bis die Bücher da waren. Die Zwischenzeit haben die Mädls mit Gemeinschaftsspielen mit den Kinder verbracht, während Mitch und ich uns um die Installation eines Wasserfilters am einzigen Wassertank vor Ort gekümmert haben. Gerry, ein gitarrespielender Pensionär aus den USA, liefert diese Wasserfilter im Rahmen von Entwicklungshilfe gratis aus den Vereinigten Staaten mit dem Ziel "ein Wasserfilter für jede Familie in Ecuador". Die Trinkwassersituation war auch schon vor dem Erdbeben in weiten Teilen Ecuadors ziemlich schlecht und hat sich jetzt natürlich noch mehr verschärft. Mit der Bücherkiste, unserem Theaterstück und dem abschließenden Verteilen von Malvorlagen und Buntstiften für die Kinder konnten wir auch hier für fröhlich lachende Kinderaugen sorgen.
Tunnelball während wir auf die Bücherkiste warten, rechts hinten im Bild den Regenwassertank haben wir mit einem Trinkwasserfilter ausgerüstet
Nach dem Abendessen und ein paar gemütlichen Bieren beim Kartenspielen, haben wir unser Nachtlager auf dem harten kalten Fliesenboden aufgeschlagen und ja es war genau so unbequem wie es klingt.
Nach einem anstrengenden Tag
Nicht ganz so bequemer Schlafplatz
Nach dem Frühstück gings mit unserem Partytruck auch schon wieder los, 40 Minuten entlang riesiger Krabbenfarmen zu unserem ersten Stopp an diesem Tag. Bei unserer Ankunft war gerade ein großer Auflauf im Dorfzentrum, das im Grunde aus einem 3x3m Wellblech, welches auf vier Bambusstangen liegt, besteht. Der Grund: das Militär war hier mit zwei LKWs und der Ausgabe der wöchentlichen Ration an Lebensmitteln. Diesen Auflauf haben wir gleich genutzt um unsere Show abzuliefern. An diesem Tag hatten unsere Begleiter von der anderen Hilfsorganisation sogar zwei Mickey Mouse Walking Charakter Kostüme dabei - die Kinder waren sehr begeistert.
40 Minuten Fahrt zum nächsten Ort
Das Militär liefert Nahrungsmittel
Die Neulinge werden genau inspiziert
Mickey Mouse begeistert die Kinder
Devin beim Vorlesen
"Donde viven los Monstruos" ("Wo leben die Monster") ist immer ein Renner
Anfängliche Skepsis über die von uns gebrachten Buntstifte
Unser zweiter und letzter Stopp war in einer sehr kleinen "Community", wo kurzerhand die teilweise eingestürzte evangelische Kirsche umfunktioniert wurde und wir neben dem Altar unser Puppentheater aufgebaut haben. Um so mehr freuten sich die Leute über die überraschende Abwechslung unseres Besuchs und über die Wasserfilter, die wir gebracht hatten. Einer der Erwachsenen sagte mir (ich musste für Gerry übersetzten weil Paola und die besser Spanisch sprechenden Mädls gerade mit Vorlesen beschäftig waren), dass er so glücklich und dankbar ist, weil bis jetzt keine Hilfsorganisation die vorbeigekommen ist, auch wirklich stehen geblieben ist und geholfen hat.
Weiter gehts entlang von riesigen Krabbenfarmen ...
... auf der Ladefläche ...
... unseres uralten Trucks ...
... zu unserem nächsten Stopp.
Große Freude über den neuen Trinkwasserfilter
Manche Kinder haben noch nie Bücher in der Hand gehalten.
Mitch und Lea beim Vorlesen
Lobo Feroz (der böse Wolf) kurz vorm Fressen von Caperucia Roja (Rotkäppchen)
Abschiedsfoto
Das Team
Nach der Rückkunft im Basislager in Tosaqua gab es noch einen fröhlichen Abschied von den Mitarbeitern der dortigen Organisation rund um Christian bevor wir uns wieder auf die Busreise nach Hause machten. Auch dieses Wochenende geht es wieder los. Diesmal für drei Tage weiter nach Norden, wo das Erdbeben noch mehr zerstört hat.
Heute Mittwoch waren zwei starke Nachbeben in Ecuador welche wir auch hier in Puerto López gespürt haben. Das erste war um 3 Uhr in der Nacht, von dem ich allerdings nicht viel mitbekommen haben. Das zweite viel stärkere war ziemlich genau zu Mittag, als ich gerade mit Maria unserer Spanischlehrerin auf der Terrasse unseres Hauses irreguläre Verben in der Vergangenheit geübt habe. Aus heiterem Himmel hat plötzlich das ganze (dreistöckige) Haus gewackelt, sodass ich geglaubt hätte, dass gleich irgendwas runterkommt. Wir sind alle auf die Straße hinaus gerannt, aber nach zwei Minuten war der ganze Spuk auch schon wieder vorbei. Hier bei uns ist zum Glück niemandem etwas passiert und wir sind alle wohlauf.
Trotzdem wurde in der ganzen Region eine Warnung vor weiteren Nachbeben ausgesprochen und alle Schulen bis Montag geschlossen. Unseren Trip am Wochenende nach Norden werden wir trotzdem machen.
Liebe Grüße und bis bald! ;)