Mit der Tour nach Uyuni haben wir wieder einen neuen Höhepunkt unserer Bolivien Reise erlebt. Einzigartige Salzseen, verlassene endlose Sandwüsten, brodelnde Vulkane, meterhohe Geysire, heiße Thermalquellen und betrunkene Fahrer. Aber alles der Reihe nach.
Nach langem Recherchieren haben wir in einem Reisebüro in Cochabamba eine 5-tägige Tour zur Salar de Uyuni gebucht. Das war nicht so einfach, weil es unzählige Anbieter und verschiedene Varianten der Tour in die größte Salzwüste der Welt gibt. Weil unbedingt die Zugfahrt mit einer der zwei letzten Eisenbahnlinien von Bolivien dabei sein sollte, haben wir uns also für das Gesamtpaket ab und bis Cochabamba entschieden.
Statt wie geplant um 9 Uhr Früh bestiegen wir schon um 6 Uhr Früh den Bus nach Oruru. Grund dafür war eine reunión der Busfahrer zwischen 7 und 10 Uhr und somit gab es keine Busse in dieser Zeit. Da unser Zug (es fahren nur 2 pro Woche) um 14:30 Uhr pünktlich in Oruru abfahren sollte, mussten wir also den früheren Bus nehmen. Das hat soweit alles ganz gut funktioniert, und wir konnten gemütlich in Oruru zu Mittag essen.
Bereits Stunden vor der Abfahrt herrscht reges Treiben am Bahnhof. Touristen geben ihre Rücksäcke beim Gepäckwagen ab, Straßenhändler verkaufen ihre Waren im Zug und am Bahnsteig, Schaffner und Bahnpersonal (mit Uniformen aus Kaisers Zeiten) weisen die Passagiere ein, die Lokführer werfen die alte Diesellokomotive an und die Köche bereiten die Bordküche im Speisewagen vor. Ich als alter Eisenbahnromantiker habe mich wie ein kleines Kind gefreut das alles miterleben zu dürfen.
Expresso del Sur abfahrbereit am Bahnsteig in Oruru
Die Waggons waren alle mit Fernsehgeräten ausgestattet, welche bis zur Abfahrt alte ZDF Videobänder mit deutschen Schlagern in unerträglicher Lautstärke zeigten. Wir, vor allem Linda, unsere deutsche Voluntärskollegin, war genauso überrascht wie schockiert Udo Jürgens, Claudia Jung und Helene Fischer hier anzutreffen.
Vor der Abfahrt haben wir zufälligerweise alte Bekannte am Bahnsteig getroffen. Ein Schweizer Pärchen dass auch mit dem Zug nach Uyuni wollte. Gemeinsam haben wir schon die Tagestour zur ciudad de itas und die Höhlentour in Toro Toro gemacht. Interessant wie man sich in diesem Land immer wieder trifft.
Die Fahrt von Oruru nach Uyuni (beide ca. auf 3.700 m Seehöhe) dauert ungefährt 7 Stunden und führt über eine beeindruckende Hochebene des südlichen Altiplanos. Der erste Teil der Strecke führt mitten durch den Lago Uru Uru sowie neben dem inzwischen komplett ausgetrockneten Lago Poopó. Man möchte sich stundenlang aus dem Fenster lehnen und die Landschaft aufsaugen, so beeindruckend ist die Gegend hier.
Mit dem Zug quer durch ...
... beeindruckende Landschaften ...
... und riesige Seen
Rechtzeitig zum Sonnenuntergang haben wir uns in den Speisewagen begeben, wo wir wirklich von der Auswahl der Speisekarte überrascht waren. Viele Restaurant in Cochabamba haben bei weitem weniger Auswahl. Mein lomo con salsa de pimienta y puré de papa (Rindersteak in Pfeffersauce mit Kartoffelpüree) war ausgezeichnet und überraschend günstig (für einen erste Klasse Speisewagen).
Abendessen im Speisewagen bei Sonnenuntergang
Abendliche Ankunft in Uyuni wie geplant, auch wurden wir sehr freundlich empfangen und von unserem vermeintlichen Fahrer zu unserem "Hotel", das leider nur ein Hostel war und das Wasser erst nach mehrmaligem Nachfragen in kalt zur Verfügung stand. Aber warum beschweren, es ändert sich ja ohnehin nichts und es ist ja nur für eine Nacht.
Hauptplatz von Uyuni, noch festlich geschmückt von der diesjährigen Rallye Dakar
Am nächsten Morgen mussten wir wiederum diskutieren. Unsere freundliche Betreuerin von der Tourismusagentur wusste leider nichts von dem in Cochabamba versprochenen Frühstück, und wir mussten sie erst davon überzeugen, dass uns ein Frühstück zugesichert wurde.
Danach ging es mit der 3-tägigen Tour los. Ein anderer Fahrer als am Vorabend mit einem anderen Auto holte uns ab. Da es sich um einen relativ neuen luxuriösem Lexus handelte, anstatt um die üblichen Toyota Land Cruiser älteren Baujahrs, konnten wir uns natürlich nicht beschweren. Auch stellte sich heraus, dass es sich bei den angekündigten 3 Australiern mit denen wir uns die nächsten 3 Tage das Auto teilen sollten, zufälligerweise um die Schweizer handelte die wir schon von Toro Toro kannten und am Vortag am Bahnsteig in Oruru getroffen hatten.
Unsere Tour begann, wie alle anderen (täglich fahren ca 50 - 60 Toyota Land Cruiser voll mit Touristen in die Salar), mit dem cementerio de trens (Zugfriedhof). Hier wurden vor teilweise über hundert Jahren einfach die alten ausrangierten Dampflokomotiven der lang vergangenen Eisenbahnepoche von Bolivien abgestellt. Seit dem rosten sie in der salzigen Wüstenluft vor sich hin und werden täglich von hunderten Touristen überrannt.
Zugfriedhof von Uyuni ...
... wir sind nicht die Einzigen
Blick aus der Brennkammer einer sehr alten Dampflok
Danach ging es in die Salar de Uyuni. Mit zirka 12.000 m2 (so groß wie Oberösterreich), ist das die größte Salzwüste der Erde. Für alle Zahlenfreunde: 10 Milliarden Tonnen Salz lagern in dem bis zu 120 m tiefen See. Unter dem Salz befindet sich das weltgrößte Lithiumvorkommen mit über 5 Millionen Tonnen. In der Regenzeit sind, abhängig vom Niederschlag, mehr oder weniger große Teile der Salar mit wenigen Zentimetern Wasser bedeckt und ergeben somit eine beeindruckende riesige Spiegelung des blitzblauen Himmels. Bei mehreren Stopps sowie dem Mittagessen mitten auf dem Salzsee konnten wir lustige Fotos machen.
Eine Herde Llamas quert die "Straße"
Ziegel aus Salz in einer Salzfabrik
atemberaubende, unwirkliche Perspektiven in der Salar de Uyuni
mit Rolf Rüdiger durch die Salzwüste
Nach der Fahrt quer über die Salzwüste, ging es dann noch einmal eine gute Stunde über Sand- und Schotterpisten zu unserem Quartier für die erste Nacht.
unser Fahrer beim Auslassen der Luft aus den Reifen
Kakteen leuchten in den letzten Sonnenstrahlen
Am Abend haben wir dann unser aus Salzziegel gebautes Hostel am Rande der Salar bezogen. Wir hatten Glück und es war ein sehr schönes, sauberes, relativ neues, aus Salz gebautes Hostel mit heißen angenehmen Duschen. Die Fahrer haben sich um die Pflege und Säuberung der Autos gekümmert und wir haben heißen Cocatee und die Landschaft genossen. Wie auch schon zu Mittag war unser Abendessen überraschend gut.
Ein anderer Fahrer bei kleineren Reparaturen am Auto
sehr gemütliches Llama direkt neben unserem Hostel
unser Hostel für die erste Nacht
Nach kurzem Smalltalk mit einer Gruppe Deutscher (die trifft man wirklich überall ;) ) sind wir trotz eisigem Wind noch nach draußen gegangen und haben in der stockfinsteren Nacht den Sternenhimmel bewundert. Wegen der absoluten Dunkelheit hier in der Nacht kann man so viele Sterne sehen wie kaum an einem anderen Ort auf der Welt.
beeindruckender Sternenhimmel in der nächtlichen Wüste
Nach dem Frühstück ging es weiter in die Wüste desierto de siloli südlich der Salar. Mit bis zu 5.000 m hohen teilweise aktiven (rauchenden) Vulkanen, ist auch diese Landschaft sehr beeindruckend. Am zweiten und dritten Tag der Tour haben wir die größten Wegstrecken zurück gelegt. Am Nachmittag sind wir bis zur chilenischen Grenze im süd-westlichsten Zipfel Boliviens gefahren um die dortigen lagunas altiplánicas zu sehen. Auch sehr beeindrucken die unzähligen Arten von Flamingos die in diese Lagunen bevölkern. Soweit ich verstanden haben, bekommen die rosa Flamingos (nicht alle sind rosa) ihre Farbe von ihrer Nahrung, den Algen und dem Mineralstoffgehalt, welche auch für die rötliche Färbung der Lagune verantwortlich sind. Je nach Sonneneinstrahlung, Wind, Algenart und Mineralstoffgehalt leuchten die Lagunen in den verschiedenen Farben. Es gibts zum Beispiel die laguna verde (grüne Lagune) oder die laguna colorado (rötliche Lagune).
Aufladen des Gepäcks
an der Grenze zu Chile am Fuße des aktiven Vulkans Sajama
beeindruckende Felsformationen mit Blick auf den Sajama
Lagunas Altiplanicos
Was man alles so findet mitten in der Wüste ...
der Ort für unser Mittagessen
Mittagessen, wie immer liebevoll von unserem Fahrer zubereitet
Vorbei an beeindruckenden vulkanischen Felsformationen wie dem berühmten arbol de piedra (Steinbaum) ging es mehrere Stunden im Jeep relativ zügig durch die Wüste. Insgesamt haben wir in den 3 Tagen knapp über 1.000 km zurück gelegt (was einer kleinen Österreichrundfahrt entspricht).
Die ungefähre Route unserer 3tägigen Tour
Blick auf die Laguna ..... mit den schneebedeckten 5.000er im Hintergrund
Der berühmte arbol de la piedra (Steinbaum)
Flamingos aus nächster Nähe beobachten ...
... an der laguna colorado (rötliche Lagune)
Auch hier sind wir nicht allein, ich glaube Uyuni hat die größte Dichte an Land Cruisern weltweit
Am zweiten Abend haben wir etwas rustikaler in einem Hostel mitten in der Wüste eingecheckt. Die Tatsache dass die Dusche "vorübergehend" außer Betrieb war, weil kein Gas vorhanden war, war um so ärgerlicher weil Margret gerade an diesem Tag von der Höhenkrankheit erwischt wurde und eine heiße Dusche sehr angenehm gewesen wäre. Das Abendessen und die anschließende Flasche Wein musste Margret leider auslassen, weil es ihr gar nicht gut ging. Unser Fahrer hat sich wirklich rührend um sie gekümmert und ihr einen speziellen Tee sowie Medikamente besorgt, die etwas geholfen haben.
Cocatee: gegen Höhenkrankheit und Kälte
In der Nacht hat sich die ganze Situation leider ziemlich krass geändert. Die ungefähr acht Fahrer der acht Gruppen die in diesem Hostel waren, haben sich dermaßen betrunken, Lärm gemacht, geprügelt und Fenster eingeschlagen, dass ich und der Schweizer um 3 Uhr früh eingreifen mussten um unseren Fahrer mit Nachdruck zum Schlafen gehen überredeten. Immerhin hatten wir den Plan um 4 Uhr früh aufzustehen und nach dem Frühstück um spätestens 5 Uhr früh aufzubrechen.
Kurzerhand haben wir unserem Fahrer, als wir ihn ins Bett gelegt haben, den Autoschlüssel abgenommen, da die Aussicht auf seine baldige Fahrtüchtigkeit sehr schlecht war.
Nachdem er um 5 Uhr früh noch immer nicht gerade stehen konnte, habe ich seine Arbeit übernommen: die Rucksäcke auf unser Autodach packen, das Auto warm laufen lassen, das vorbereitete Essen aus der Küche mitnehmen und schließlich auch fahren. Da es aufgrund der vorher beschriebenen totalen Finsternis in der Wüste und ohne jegliche Ortskenntnis schwierig ist den Weg zu finden, habe ich mir den einzigen nüchternen Fahrer gesucht dem wir nachgefahren sind. Aufgrund seiner defekten Rücklichter und der permanenten Staubwolke hinter jedem Auto war das aber gar nicht so leicht.
Verzurren unseres Gepäcks am Dach unseres Autos
mit dem V8 durch die nächtliche Wüste ;)
Auf diese Art haben wir dann die ersten Sehenswürdigkeiten des Tages, die Geysire, die brodelnden Vulkane, die grüne Lagune und die heißen Quellen besichtigt. Insgesamt bin ich zirka die ersten 5 Stunden des Tages gefahren, bis unserer Fahrer wieder halbwegs (bolivianisch) vertretbar das Steuer übernehmen konnte.
Es war sehr beeindruckend, mit welchem Druck und welcher Hitze die Geysire aus den Felsspalten 10 bis 15m in die Höhe schossen. Der Schwefelgeruch und die unwirtliche dampfige Gegend boten während des Sonnenaufgangs eine sehr spezielle, irgendwie mystische Stimmung. Zwischen den Geysiren gab es immer wieder offene Felsspalten wo in der Tiefe heißer, grauer Schlamm brodelt und dabei schwefelhaltigen Dampf freigibt. Alles in allem ein sehr beeindruckendes Naturschauspiel.
Geysire im Sonnenaufgang auf einer Höhe von 5.000m bei gefühlten -10°C
Straße durch die bilderbuchhafte desierto Salvador Dalí
Weiter zur laguna verde (grüne Lagune), die leider nicht grün war weil wir zur falschen Tageszeit dort waren. Unser Fahrer hatte uns (vom Beifahrersitz aus) erklärt, dass die Lagune nur grün schimmert wenn der Wind drüber bläst. Da es am Vormittag prinzipiell windstill ist, wird diese Lagune erst am späteren Nachmittag mit dem aufkommenden Wind grün. Trotzdem wunderschön.
laguna verde (grüne Lagune) - nicht grün, weil kein Wind
Bei den heißen Quellen machten wir einen längeren Stopp um das Bad im thermalen Wasser und die bilderbuchhafte, sumpfige Gegend mit den rundherum grasenden Vecuñas (selbe Familie wie Lamas nur frei in der Wildbahn lebend) zu genießen. Auch unser Fahrer machte sich ein wenig frisch. Nach einem kurzen Bad und einem Sackerl Coca Blätter war er wieder einigermaßen fit.
Baden in den heißen Quellen ...
... in einer wunderschönen Umgebung (grasendes Vecuña ganz klein im Hintergrund)
Nach zwei Stunden Fahrt machten wir einen letzten Stopp in einer Stadt aus Felsen. Eine Ansammlung aus 15 bis 20 m hohen vulkanischen Felsformationen die wie aus dem Nichts mitten in der Wüste stehen, bildeten eine wunderschöne Atmosphäre für unser Mittagessen.
Unser letzter Stopp fürs Mittagessen
Wir hatten den Eindruck, dass unserer Fahrer durchaus ein schlechtes Gewissen wegen den Vorkommnissen der letzten Nacht hatte und sich deswegen jetzt um so mehr bemühte. Er hat uns wiedermal ein sehr gutes Mittagessen zubereitet und extra (das haben die anderen Fahrer glaube ich nicht gemacht) frisches Gemüse und Obst mitgenommen. Auch hat er sich mehrfach bei uns entschuldigt und einen zusätzlichen Stopp bei einer anderen wundschönen Lagune (er hat uns Fotos gezeigt) vorgeschlagen. Unsere Mitfahrer haben diesen Vorschlag aber aus Zeitgründen abgelehnt.
Ehrlich gesagt sind wir ihm auch keineswegs böse deswegen. Wenn man bedenkt dass der arme Kerl mit seinen 28 Jahren seit 8 Jahren, 6 Tage die Woche Touristen durch die Gegend kutschiert und dabei selbst nie Urlaub hatte, kann er einem auch ein bissl Leid tun.
Unsere Mitfahrer sahen das leider ein wenig anders, denn "wenn man das in der Schweiz macht ...". Naja wir sind halt nur nicht in der Schweiz, und in einem dritte Welt Land darf man sich keine mitteleuropäischen Verhältnisse erwarten.
Danach ging es in einer fast 6 stündigen Fahrt entlang der Salzwüste direkt zurück Uyuni, wo wir nach einem Abendessen unseren Nachtbus nach Cochabamba bestiegen haben.
Rückfahrt nach Uyuni
Alles in Allem war es auf jeden Fall ein wunderschönes interessantes Erlebnis, das so (laut Aussage unseres Fahrers) noch nie jemand erlebt hat.