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Freitag, 29. April 2016

Caral - die ältesten Ruinen des Amerikanischen Kontinents

Mit großen Erwartungen haben wir die vierstündige Busfahrt von Lima aus Richtung Norden entlang der Küste angetreten. Die Fahrt geht über den spektakulären Panamerica Highway der inmitten der steilen Sanddünen, welche direkt von der Wüste in den Pazifik übergehen, gebaut wurde. Etwas mühsam dabei war, dass wir uns wieder wie bei der Ankunft die Rushhour für unsere Fahrt ausgesucht hatten. Endlich aus Lima draussen, hat unser in die Jahre gekommener Bus dann alle paar Kilometer neue Passagiere vom Straßengraben aufgegabelt. Mit einem normalen Bus hätte man die Strecke wahrscheinlich auch in zwei Stunden bewältigen können.

Aber egal - In Barrancas angekommen sind wir erst einmal mit unserem gesamten Gepäck (inzwischen haben wir schon auf 5 Rücksäcke aufgestockt) auf Herbergssuche durch die Stadt spaziert. Aus irgendeinem Grund war die ganze Stadt, speziell der Plaza de Armas, komplett voll mit Schulkindern, die uns umgehend zu ihrer Attraktion machten. In Österreich würde ich in dieser Situation eher komische Blicke erwarten - hier wurden wir an- (vielleicht auch aus-) -gelacht, und erwartungsvoll mit dem einen oder anderen "Hello - how are you?" angesprochen.

Auch hier war ein Hostel mit einem großzügigen Zimmer und privatem Bad schnell gefunden. Das Problem daran hat sich leider erst später herausgestellt, den aus irgendeinem Grund war in dieser Donnerstag Nacht lautstarke Party angesagt. Unzählige Fernseher plärrten dümmliche Soapoperas bis spät in die Nacht, ein Tubaspieler über uns entschied sich bis halb 2 in der Früh zu proben und der Lärm von der Straße wollte nicht und nicht aufhören. Erst dank der Ohropax konnten wir ein bisschen schlafen.

Die Stadt Barranca hat an sich nicht viel zu bieten, einen Strand für die Einheimischen von dessen Besuch die Reiseführer abraten und eine mini Christusstatue. Der Grund warum wir hier abgestiegen sind liegt ungefähr 30km ausserhalb der Stadt im Tal des Rio Supe, die älteste Stadt des amerikanischen Kontinents: Caral. Menschen leben hier schon lange nicht mehr drum ist es mehr eine Ansammlung an Ruinen als eine Stadt, aber die UNESCO nennt es in seiner Liste der Weltkulturerbe eine Stadtsiedlung. Eigentlich ist die Ruinenanlage schon relativ lange bekannt, interessant wurde sie allerdings erst, als deutsche Archäologen anhand eines Schilfsackes mit der Radiokohlenstoffanalyse das ungefähre Alter der Stadt mit über 5000 Jahren bestimmten. Somit zählt diese Stadtsiedlung zu den ältesten Ausgrabungen der Welt.

Die ganze ganze Anlage erstreckt sich über 68 Hektar und wird in unterschiedliche Sitos, also Ausgrabungen eingeteilt. Das Zentrum besteht auf zwei kreisförmigen Plätzen mit Tribühnen rundherum welche vermutlich als Amphitheater bzw. als Kongress der Obrigkeiten verwendet wurde. Bei einem wurden aus Knochen geschnitzte Flöten und andere Instrumente gefunden.
Rundherum stehen die Überreste von 6 unterschiedlich hohen Pyramiden, welche vermutlich als Häuser gedient haben. Die höchste davon (160m breit und 18m hoch) besitzt die größten Räume sowie unterschiedliche Zeremonienräume die darauf hindeuten, dass die Chefs hier gewohnt haben. Zum Vergleich die 1000 Jahre ältere Cheops-Pyramide in Ägypten ist 140m hoch.

In der Mitte steht ein großer Monolith, dessen 4 Ecken exakt in die 4 Himmelsrichtungen und zugleich exakt zu den Haupteingängen der 4 größten Pyramiden zeigen. Manche Pyramiden wurde im Laufe der Zeit mehrmals grob umgebaut, so wurde zum Beispiel die Hauptstiege von einem "Haus" welche ursprünglich nach Norden zu einem Feuertempel zeigte, später umgebaut Richtung Westen zu dem Monolith.
Der Feuertempel, ein komplexes rundes Bauwerk mit mehreren Kanälen und unterirdischer Belüftung der Feuerstelle, sowie die anderen Gebäude zeigen eindrucksvoll, dass die damaligen Bauherren einiges von Architektur, Astronomie, Mathematik, Physik und nicht zuletzt "Personalmanagement" verstanden haben mussten.

Abgesehen von dieser und anderen Ausgrabungsstätten ist das gesamte Supe-Tal mit Bewässerungskanälen aus dieser uns neuerer Zeit durchzogen, welche teilweise heute noch aktiv sind und in dem Tal den großflächigen Anbau von Zuckerrohr, Mais, Bohnen, Süßkartoffeln, Papayas, Mangos und Baumwolle ermöglichen.

Da ungefähr erst 30% der Anlage aus dem Wüstensand "ausgegraben" sind tummeln sich hier überall Archäologen in abgesperrten Bereichen unter weißen Plastikfolien. Manche Forscher behaupten, dass Caral in einigen Jahren gleich "wichtig" und bekannt werden könnte wie Machu Picchu. Da sind wir aber froh, dass wir jetzt schon hier waren und uns den Touristenansturm ersparen konnten ;)



Vom Besucherparkplatz gehts erst einmal 2km auf schön angelegtem Weg zu den Ruinen


Insgesamt wurde bis jetzt 6 Pyramiden und die Funamente von anderen Anlagen ausgebraben


Überall auf dem Gelände wird noch "gearbeitet" und "ausgegraben"


Das riesige Areal liegt mitten in der Wüste und war jahrtausendelang von Sand versteckt


Rundblick vom Aussichtspunkt


Die schwarzen Fahnen sollen angeblich die Vögel abschrecken damit nicht alles verdreckt


Der zentrale Monolith dessen vier Kanten in die vier Himmelsrichtungen ...


... und auch exakt zu den Haupteingängen der vier größten Pyramiden zeigen


Das an die Anlage grenzende Supe Tal is äußerst fruchtbar, Kanäle führten das Wasser vom Rio Supe früher auch in die Stadt


Die größte Pyramide mit davor liegendem "Kongress" sowie den beiden Monolithen am Eingang den nur Obrigkeiten durchschreiten durften


Überall wird noch gearbeitet, wer weiß was man in ein paar Jahren noch alles bewundern kann